(Bild oben: Schulleiter Oliver Leimbrock zeigt es an: Auf dem gesamten Gelände der Olof-Palme-Gesamtschule gilt seit diesem Schuljahr ein striktes Handyverbot. Lediglich für die Oberstufe gibt es eine Ausnahme.)
(Fotos von Molina Panzer)
Pilotprojekt „Freier Umgang mit Smartphones“ gescheitert – Geräte werden einkassiert
(ein Bericht von Moritz Winde)
HIDDENHAUSEN (HK). Eine schnelle Whatsapp, ein kurzer Blick ins Mailfach oder rasch die News auf Instagram checken: Wer sich an der Olof-Palme-Gesamtschule in Hiddenhausen dabei erwischen lässt, ist das Smartphone erst einmal los. Neues Schuljahr, neue Handyregeln. Eine der größten Bildungseinrichtungen im Kreis Herford mit knapp 1000 Schülerinnen und Schülern greift seit Kurzem rigoros durch, fährt eine Null-Toleranz-Strategie. Mit den strikten Richtlinien zieht die OPG nun also
Konsequenzen aus einem Laissez-faire-Führungsstil, der als gescheitert angesehen werden muss.
Im vergangenen Jahr hatte die Gesamtschule in Abstimmung mit allen Gremien den Mädchen und Jungen einen sehr großen Spielraum mit den digitalen Endgeräten eingeräumt – quasi als Pilotprojekt.
„Schülerinnen und Schüler von der achten bis zur 13. Jahrgangsstufe durften Handys frei nutzen. Es
war als Vertrauensvorschuss gedacht“, erinnert sich Schulleiter Oliver Leimbrock. Mit der Eigenverantwortung etlicher Kinder und Jugendlicher scheint es aber nicht so geklappt zu haben
wie erhofft. Leimbrock: „Es hat nicht funktioniert, das wurde sehr schnell klar. Jeder hatte nur noch das Smartphone vor der Nase – sogar im Unterricht.“ Auch die verbotene Nutzung von Künstlicher Intelligenz beim Lösen von Aufgaben habe eine Rolle gespielt. Die ständige Bedienung des Handys führte nach Beobachtung des Lehrerkollegiums (etwa 100 Kräfte) zu einer Vereinzelung der Schülerinnen und Schüler. Es sei viel weniger miteinander gesprochen worden, habe zudem mehr Konflikte gegeben, Lösungsstrategien hätten gefehlt. Und: Es sei auch zu justiziablem Verhalten gekommen. Vorfälle in der Schule wurden gefilmt und im Internet verbreitet. „Ein Gericht hat aus diesem Grund Schüler zu erheblichen Geldstrafen verurteilt“, sagt Oliver Leimbrock. Nach intensiven Diskussionen mit allen Beteiligten (Lehrer/Eltern/Schüler) habe man dann die Rolle rückwärts gemacht, von 100 auf 0. Die Entscheidung sei in der Schulkonferenz im Mai übereinstimmend getroffen worden, man habe sich auf einfache und klare Regeln verständigt, erklärt der 57-Jährige. „Wir legen Wert auf Austausch und gelebte Demokratie und erleben, dass dies bei der Diskussion unterschiedlicher Gesichtspunkte in den Gremien und zwischen den Gremien immer dazu führt, dass es ein Bemühen gibt, um den anderen Standpunkt zu verstehen. Wir sind dankbar, dass es so ist.“ Diese Regeln gelten seit zwei Wochen an der OPG: Vor Betreten des Schulgeländes müssen Schülerinnen und Schüler ihr Smartphone/Wearable (Smartwatches, smarte Ringe und gleichwertige Geräte) ausschalten, nach Schulende und nach Verlassen des Schulgeländes dürfen sie wieder angeschaltet werden. Während der Schulzeit verbleibt das Gerät ausgeschaltet in den Taschen oder – noch besser – zu Hause. Eine Ausnahme gibt’s für die Oberstufe:
Die Schülerinnen und Schüler können das private digitale Endgerät in Freistunden in speziellen Räumen
nutzen – zum Beispiel im Café. Wer sich nicht an die Regeln hält, muss das Handy abgeben – was rechtlich zulässig ist. „Das Gerät wird dann im Beisein eines Schulleitungsmitglieds im Umschlag in eine Box gelegt, die dem Jahrgang zugeordnet ist. Die Box mit dem Handy wird in einem sicheren Bereich verschlossen.
Der Verstoß wird erfasst. Hierfür gibt es einen Ordner mit Klassenlisten, in denen der Verstoß mit Datum
vermerkt wird. Nach der letzten Unterrichtsstunde kann das Gerät wieder abgeholt werden“, heißt es in dem Leitfaden. Wer sich dreimal nicht daran hält oder das Handy nicht abgibt, muss mit einer Ordnungsmaßnahme rechnen. Übrigens: Die Schul-iPads — alle Schüler und Lehrer sind mit einem Tablet ausgestattet dürfen weiterhin bedenkenlos genutzt werden. Oliver Leimbrock versichert, sämtliche
Anwendungen seien ausschließlich auf Unterrichtsinhalte ausgelegt.
Bild links: Nicht zu übersehen: Ab dieser neu gezogenen gestrichelten Linie dürfen die Handys wieder eingeschaltet werden.
Bild rechts: So soll es an der OPG sein: Drei Schüler zeigen ihre ausgeschalteten Smartphones.
Kommentar von Moritz Winde:
Handys haben in der Schule nichts zu suchen — zumindest bis zur Oberstufe. Die Konzentration der Kinder
leidet, die Gefahr der Isolation nimmt zu, von missbräuchlichen Videos und Fotos ganz zu schweigen.
Smartphones schaden dem sozialen Klima. Und es gibt kaum Kontrollmöglichkeiten für Lehrkräfte.
Die Olof-Palme-Gesamtschule hat sich nach dem gescheiterten Pilotprojekt der freien Nutzung nun dazu
entschieden, private Smartphones und Co. weitgehend zu verbannen. Richtig so! Zu viele Schüler haben gezeigt, dass sie mit dieser Eigenverantwortung offenbar nicht umgehen können – was niemanden
verwundern dürfte. Die Versuchung ist einfach zu groß. In Deutschland sind anders als zum Beispiel in
Frankreich, Italien, Großbritannien und in den Niederlanden pauschale Handy-Verbote an Schulen bislang
seltene Ausnahmen und werden schon gar nicht bundesweit eingesetzt, weil Bildung eben Ländersache ist. Höchste Zeit, dass sich daran etwas ändert. Vielleicht kann die OPG in dieser Hinsicht ja eine Vorreiterrolle einnehmen.
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