Bei der Europawahl dürfen Jugendliche ab 16 wählen. Um ihnen Orientierung zu geben,
hat die Olof-Palme-Gesamtschule zur Podiumsdiskussion eingeladen.
Foto: Links die Moderatorinnen, Lina Abels und Emely Höner zu Siederdissen, rechts von ihnen die Kandidaten und Parteienvertreter mit Jan Siekmann (Die Linke), Ingo Stucke (SPD), Dave Pador-Sundermeyer (Die Grünen), Nick Hachmeister (FDP), Verena Mertens (CDU ) und Mary Khan-Holoch (AfD). Foto: Jobst Lüdeking
Bericht und Foto von Jobst Lüdeking (NW 18./19.05.2024)
Zwei Moderatorinnen, sechs Kandidaten und Parteienvertreter, geschätzt rund 300 Schüler aus dem 10. Jahrgang und der Oberstufe, die meisten im Alter zwischen 16 und 19. Und viele Fragen. In der Aula der
Olof-Palme-Gesamtschule steht am Donnerstagmorgen eine Podiumsdiskussion zur Europawahl auf dem Stundenplan – zum ersten Mal seit dem Jahr 2019. Die fünfjährige Pause ist auf Corona und die Sanierung
der Aula zurückzuführen. „Diese Podiumsdiskussion ist wichtig“, erklärt Lehrer Klaus Droste, „weil das
ahlalter bei der Europawahl bei 16 Jahren liegt und damit viele der Schülerinnen und Schüler das erste Mal wählen können.“ Die Podiumsdiskussion könne ihnen vielleicht etwas Orientierung geben. „Für mich ist Umweltschutz sehr wichtig“, antwortet ein 16-jähriger Schüler auf die Frage nach den politischen
Themen, die für ihn bedeutsam sind. Ein anderer erklärt, dass er sich dazu noch nicht so viele Gedanken gemacht hat. Das sollen die Europawahl- Kandidaten ändern. Aus Neutralitätsgründen hatte die Schule auch die AfD eingeladen. Die Kandidaten sollen zunächst die Plakate ihrer Parteien erklären. „Klima schützen statt Konzernprofite“, erklärt Jan Siekmann von den Linken, 24 Jahre alt, Politikstudent aus Bielefeld, damit, dass ein „Großteil der CO2- Emissionen von Großkonzernen kommt“. Die sollten durch
eine CO2-Steuer zahlen. Am wichtigsten sei auch, „dass der Staat mehr investiert“. Beim SPD-Plakat „Gegen Hass und Hetze“ verweist SPD Kandidat Ingo Stucke, Pfarrer aus Bielefeld, auf die Verrohung
der politischen Kultur und den Populismus, gegen den sich das Plakat wende. Doch wie „dagegen konkret
vorgehen?“, hakt Emely Höner zu Siederdissen nach, die sich die Moderation mit Lina Abels teilt. Es gehe um klare sachliche Politik, die Lügen aufdeckt, so Ingo Stucke, der auf der bundesweiten Liste der SPD Platz 24 belegt. Doch was ist mit dem Slogan „Bildung: die erste Verteidigungslinie der Demokratie“ gemeint, will Lina Abels vom Kandidaten der FDP wissen. „Gut gebildete Menschen wollen keinen Rechtspopulismus“, entgegnet Nick Hachmeister. Doch wie passen dann die hoch gerechnet 45 Milliarden
Euro, die in die Erhaltung von maroden Schulen fließen müssten, aber angesichts der Weigerung der FDP,
an der Schuldenbremse zu rütteln, zu dem Slogan, hakt Höner zu Siederdissen nach. Wo solle dann das Geld herkommen? Hachmeister verweist hier auf die Möglichkeit, durch den Abbau von Bürokratie
Finanzmittel freizusetzen. Die Grünen wollen mit dem Satz „Ein starkes Europa bedeutet ein sicheres Deutschland“ punkten. Dave Pador-Sundermeyer, 43, Politikwissenschaftler aus Porta-Westfalica, verweist darauf, dass etwa ein Großteil sozialer aber auch andere Projekte in Deutschland über die EU gefördert
werde – und „dass wir vor der Herausforderung durch den Rechtspopulismus stehen“. Beim CDU-Slogan „In Freiheit, in Sicherheit, in Europa“ hat CDU-Kandidatin Verena Mertens (42), Volljuristin und Kripo-Chefin, offenkundig ein Heimspiel. Freiheit könne es nur da geben, wo es auch Sicherheit gibt. So hätten viele Arten von Kriminalität einen grenzüberschreitenden Bezug. Deshalb müsse die Polizei in Europa besser vernetzt werden. Was mit „Unser Land zuerst“ der AfD gemeint ist, erklärt Mary Kahn-Holoch, die
aus Brandenburg kommt. Danach sollten alle, die Wirtschaft belastenden Vorgaben, wie der Green Deal, mit dem Europa zum ersten klimaneutralen Kontinent werden will, und auch die CO2-Steuern abgeschafft
werden. Nach ihrem Satz, dass der Klimawandel „so alt ist, wie die Erde“, gibt es ein offenbar belustigtes Grummeln der Schüler in der Aula. Schließlich geht es um Themen wie die Migrationspolitik, den Gaza-Konflikt oder den EU-Beitritt der Ukraine. Hier zeigen sich die Unterschiede klarer: So können sich
die Kandidaten von FDP,CDU und AfD etwa das sogenannte Ruanda-Modell für Asylbewerber vorstellen. Das bedeutet, dass etwa das Asylverfahren in einem Drittstaat – und nicht in der EU – durchlaufen wird: Die Kandidaten von FDP, CDU und AFD würden für das Modell votieren, während die Vertreter von SPD,
Grünen und der Linken mit einem Nein votieren. Fünf Enthaltungen und eine Zustimmung erhalten die Moderatorinnen auf ihre Frage nach der Aufnahme der Palästinenser in die UNO. Dort haben sie bisher nur einen Beobachterstatus. Einzig der Vertreter der Linken votiert dafür. Uneinigkeit zeigt sich auch
bei der Frage, ob die Ukraine in den kommenden zehn Jahren der EU beitreten kann. Während Dave Pador-Sundermeyer, Jan Siekmann, Ingo Stuck und Nick Hachmeister mit einem Ja votieren, waren
Verena Mertens und Kahn-Holoch dagegen – Grund sei die bislang hohe Korruption.
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