Leserbriefe an herford@nw.de
(Neue Westfälische — 19.02.2025 von Moritz Sundermann)
Zum Artikel „Handyverbot an der Gesamtschule“ (NW vom 14. Februar) und zum Wochenkommentar „Handyverbot ist das falsche Signal“ (15. Februar) schreibt dieser Leser. Er unterrichtet an der Olof-Palme-Gesamtschule.
Mit Befremden las ich den Artikel, der das Handyverbot an der Olof-Palme-Gesamtschule als “Realitätsverweigerung“ abtut. Diese Kritik verkennt die wohlüberlegten Gründe für diese pädagogische
Maßnahme und die Verantwortung, die wir als Schule für die Entwicklung unserer Schüler tragen. Das Smartphone ist zum unregulierten Lebensraum junger Menschen geworden, oft rechtsfrei und voller potenzieller Gefahren: ungefilterte Inhalte, exzessiver Konsum, Algorithmen, die die Aufmerksamkeitsspanne verkürzen und Abhängigkeiten befördern. Besonders perfide sind Apps wie TikTok und Instagram, die im Sekundentakt neue Reize setzen und so einen Dopamin-Loop erzeugen, der
süchtig macht und die Konzentrationsfähigkeit massiv beeinträchtigt. Während die Regulierung primär Elternsache ist, greifen wir als Schule ergänzend ein. Wir schaffen bewusst einen digitalen Schonraum,
keine Realitätsverweigerung, sondern einen Ort, an dem sich Schüler unbeschwert von digitalen Reizen
entfalten können. Medienkompetenz vermitteln wir schrittweise und begleitet im Unterricht mit schuleigenen iPads. Diese sind bewusst eingeschränkt, um Ablenkungen zu minimieren und den Fokus auf
das Lernen zu lenken. Gerade nach den sozialen Einschränkungen der Corona-Pandemie ist es wichtiger denn je, Raumfür analoge soziale Interaktion zu schaffen, um Vereinsamung entgegenzuwirken
und persönliche Beziehungen zu stärken. Studien belegen die negativen Auswirkungen ständiger
Smartphone-Nutzung auf Konzentration und Psyche. Die Schulkonferenz, in der Eltern, Schüler und Lehrer demokratisch vertreten sind, hat realen Gefährdungen, die auch wir an unserer Schule nahezu
täglich erlebten, wie Cybermobbing und Verbreitung illegaler Inhalte ernst genommen und sich verantwortungsbewusst für das Verbot entschieden. Tablets sind Lernwerkzeuge, keine Alltags-Allzweckgeräte. Uns geht es um einen fokussierten Lernraum, nicht um die private Kommunikation
der Schüler. In Teams lernen sie angemessene digitale Kommunikation in einem geschützten
Rahmen, in dem Fehlverhalten erkannt und thematisiert wird. Das Handyverbot ist keine Gängelung, sondern verantwortungsvolle Pädagogik. Es geht darum, digitale Kompetenz und Verantwortungsbewusstsein zu fördern, soziale Interaktion zu stärken und Schüler vor den Gefahren des
unregulierten Internets zu schützen. Wir bereiten unsere Schüler damit besser auf die digitale Welt vor, indem wir ihnen einen bewussten und verantwortungsvollen Umgang mit Technologie vermitteln –
im Schonraum Schule, für ein verantwortliches Leben in der digitalen Gesellschaft. Als Lehrer dieser Schule, der die Digitalisierung hier seit fast einem Jahrzehnt aktiv mitgestaltet, bin ich froh und stolz, dass wir diesen mutigen und zukunftsweisenden Weg gehen. Ich appelliere an alle Eltern: Begleiten und unterstützen Sie uns dabei. Gemeinsam können wir unseren Kindern eine gesunde und kompetente
Zukunft in der digitalen Welt ermöglichen. (Moritz Sundermann Bünde)
Comments are closed